Erste Erfahrungen mit der 3D und virtuelle Tour-Plattform Matterport
Die Meldung auf welt.de machte neugierig. Der „Dollhouse-Effekt“ bei virtuellen Immobilienrundgängen wird nun auch für iphone-Benutzer möglich. Oder wie welt.de titel: der „Street View Effekt“.
Matterport (https://matterport.com/de) veröffentlichte Anfang Juni 2020 die Beta-Version der iphone-Nutzung. Also die Erfassung der Räume einer Immobilie als 3D-Modell inklusive einer freien Raumbewegung, die Ansicht der Wohnung oder gar eines ganzen Hauses mit mehreren Etagen als „Puppenhaus“. Sieht spannend aus, ist in der Umsetzung aber meines Erachtens noch nicht marktreif. Warum? Das möchte ich kurz erklären.
Erster Test
Vorangeschickt muss ich erwähnen, dass ich Matterport eben nicht(!) mit den bisher bekannten und unterstützten Kamerasystemen verwendet habe. Die Liste der Kameras sind unter dem Link hier zu finden. Ich wollte bewusst die neue iphone Nutzung testen.
Den ersten Test nach der Anmeldung bei Matterport und die Errichtung eines kostenfreien Basis-Accounts habe ich gleich im Büro gemacht. Ein Zimmer, 4 Wände, 2 Fenster, 1 Tür, Schreibtisch, Besprechungstisch, Stühle, Flipchart, fertig. Also alles recht überschaubar und easy. Für die erste Benutzung habe ich ein iphone 8 verwendet. Also nach Aussagen von Matterport eine unterstütze Hardware. Gleich die App gestartet, die KI runtergeladen und dann mit dem Fotografieren losgelegt. Weiße Punkte signalisieren, wohin man beim Fotografieren „zielen“ soll und dreht sich damit quasi geführt einmal um die eigene Achse. Ein Stativ wird empfohlen, aber es ging auch so. Das Hochladen des Materials ging schnell und ich hatte innerhalb weniger Minuten mein fertiges „Puppenhaus“ des Zimmers zur Ansicht im Web. Ergebnis: die Wände waren ein wenig verzerrt, die Fenster nicht richtig drin und die Decke und der Boden waren verpixelt. Ich hatte bewusst die Einstellung „einfacher Scan“ gewählt, das diese Bereiche eben nicht mit erfasst.
Zweiter Test
Der zweite Test im heimischen Haus, also Wohnzimmer, Küche, Flur und Arbeitszimmer wollte ich dann „richtig“ machen. Also Stativ aufgebaut und mit dem erweiterten Scan angefangen. Die ersten Probleme stellten sich sofort ein. Jedes Mal, wenn ich einen neuen Standpunkt gewählt hatte und mit dem 360° Fotografieren anfing, stürzte die App zuverlässig ab. Teilweise mit allen gespeicherten Fotos, teilweise ohne. Nachdem ich zu dieser Problematik recherchiert hatte, fand ich die etwas schwammige Aussage, dass das iphone „genug“ RAM also Arbeitsspeicher benötigt. Wie viel benötigt wird, das habe ich nicht herausgefunden. Offenbar hatte das 8´er damit Schwierigkeiten. Das iphone X kam damit besser klar. Jedoch unterschieden sich die Aufnahmen nicht wesentlich, es lief nur stabiler. Als ich meinen Rundgang abgeschlossen hatte und ich mehrere Standpunkte neu fotografieren musste, weil Matterport nach wenigen Schritten nicht mehr nachkam, wartete ich nun deutlich länger auf das errechnete Ergebnis. Wie zu erwarten: Die Fotos waren ok., es war ein Rundgang möglich, der Dollhouse-Effekt aber nicht klar genug. Zu viele schräge Wände, zu viele Graubereiche, die die Optik nicht gut erfassen konnte. Im Flur hatte die KI Probleme, die Anknüpfung zu finden und sprang immer wieder hin und her mit dem weißen Punkt. Als Lösung wird empfohlen, erkennbare Gegenstände zu platzieren, damit die KI sich daran orientieren kann. Aber ehrlich, soll ich im Flur extra deswegen ein Bild an die Wand hängen oder ein Fahrrad reinstellen? Das ist extrem praxisfern. Der Dollhouse-Effekt verpuffte. Ich experimentierte weiter, sowohl mit den Optionen einfacher Scan als auch mit dem erweiterten Scan. Der einfache Scan lieferte die besten visuellen Ergebnisse, der erweiterte Scan, also die Aufnahme der Decke und des Bodens war sehr enttäuschend. Da passten vorne und hinten, besser oben und unten einfach nicht zusammen.
Daraufhin habe ich es mit einem Weitwinkelaufsatz in der Option einfacher Scan versucht. Auch hier trat keine Besserung ein, im Gegenteil. Die Verzerrungen wurden immer schlimmer.
Fazit
Für ein Zimmer und zum Experimentieren geeignet. Iphone (Android wird noch nicht unterstützt) geschnappt, App geladen und losgelegt. Für einen professionellen Einsatz aber definitiv nicht zu gebrauchen. Zumal man zur Weitergabe der 3D-Roomtour ein kostenpflichtes Abo benötigt.
Es kribbelt mich jetzt in den Fingern wie sich die Software bei Verwendung einer guten 360° Kamera verhält. Die Ergebnisse, die auf Youtube zu sehen sind, sehen sehr vielversprechend aus. Mal sehen…
Bildquelle: Image by Merja Partanen from Pixabay